Konzert 2005

Exemplarisches Chor-Orchesterkonzert in Meerholz

Männerchöre leben noch

GELNHAUSEN. Ein Chor-Orchesterkonzert, das als exemplarisch für den Bereich des zum Deutschen Chorverband umbenannten Deutschen Sängerbundes gelten kann, erlebten mehr als 600 Zuhörerinnen und Zuhörer in der Kulturhalle Meerholz. Dabei fanden sich unter der meisterhaften Koordination von Martin Bous das Symphonieorchester der Südwestfälischen Philharmonie Siegen, die Solisten Cornelia Schüler (Mezzosopran) und Thomas Löffler (Tenor) sowie als einziger Amateur – aber nie amateurhaft wirkend – der Männerchor des Gesangvereins Meerholz zusammen.

Im ersten Programmteil verlangte Martin Bous nicht nur den Mitwirkenden, sondern in gleicher Weise dem Publikum einiges ab. Da war zunächst das Werk „Invocation“ (Anrufung) des zum Hauptvertreter der musikalischen Richtung des Impressionismus zählenden Franzosen Claude Debussy. Bei dem selten aufgeführten Stück für Tenorsolo, Männerchor und Orchester produzierten die musikalischen Akteure die vielfältigen Klangfarben in werk- und komponistengerechter Ausführung. Nach dem „Deutschen Requiem“ ist die „Rhapsodie für Altstimme, Männerchor und Orchester“ das am häufigsten aufgeführte Chor-Orchesterwerk von Johannes Brahms. Brahms verwendet bei diesem Stück Auszüge aus Goethes Sturm- und Drang-Gedicht „Harzreise im Winter“ und verstärkt mit seiner Musik geradezu idealtypisch die Aussagen des Gedichtes. Dabei erhält die Komposition durch Johannes Brahms autobiografische Züge. Geschildert wird in den ersten beiden Strophen durch die Altstimme (hier in Person der glänzend eingestellten Cornelia Schüler) die zerrüttete Gefühlslage eines zum Depressiven neigenden Menschen. Dem stellt Brahms in der dritten Strophe den Hoffnung und Zuversicht ausstrahlenden harmonischen Männerchorsatz entgegen: „Ist auf deinem Psalter, Vater der Liebe, ein Ton seinem Ohre vernehmlich, so erquicke sein Herz!“ Cornelia Schüler, Orchester und den Meerholzer Sängern gelang es unter der Leitung von Martin Bous ganz ausgezeichnet, eben dieses Stimmungsbild zu vermitteln.

Hört man Franz Schuberts „Gesang der Geister über dem Wasser“ im Radio, so handelt es sich meist um Hermann Rillings Interpretation mit den Profis der Gächinger Kantorei. Dem weiß Martin Bous mit dem Meerholzer Männerchor durchaus etwas Adäquates entgegen zu setzen. Im Jahre 1779 erlebte Goethe bei einem Besuch der Schweiz den Staubbach-Wasserfall bei Lauterbrunn im Berner Oberland. Dies inspirierte ihn zu seinem Gedicht vom „Gesang der Geister über dem Wasser“. Franz Schubert vertonte das Gedicht unter anderem in einer Fassung für achtstimmigen Männerchor und tiefe Streicher. Text und Musik schildern kontrastreich den „Lauf des Wassers“, wobei hierzu freilich korrespondierend Bezüge zum Verlauf menschlichen Lebens gesehen werden dürfen. Kaum wagt sich ein Amateurensemble an dieses Stück heran – und dann in dieser überzeugenden Aufführung durch Martin Bous und die Meerholzer. Zum Schluss des ersten Teils gab es zunächst Edvard Griegs „Morgenstimmung“ aus der Suite „Peer Gynt“ und dann ebenfalls von Grieg „Landerkennung“ für Baritonsolo, Männerchor und Orchester. Martin Bous fügte hier Orchester, Thomas Löffler, der die Solopartie übernommen hatte, und den Meerholzer Männerchor zu einem homogen auftretenden Ensemble zusammen, drückte der Interpretation seinen Stempel auf und durfte sich über berechtigte „Bravo“-Rufe aus dem Publikum freuen.

Chorwerke, Orchesterwerke und Arien aus der Welt der Oper standen im zweiten Teil auf dem Programm – sicher auch als Kompensation dem Publikum gegenüber für die Ansprüche, die der erste Teil verlangte. Dabei erlebte man einen glänzend aufgelegten Meerholzer Männerchor mit seinen an diesem Abend knapp 80 Sängern im Zusammenwirken mit einem sowohl engagiert wie auch einfühlsam arbeitenden Orchester. Es gab den Pilgerchor aus Richard Wagners „Tannhäuser“, den Jägerchor aus Webers „Freischütz“, den Zigeunerchor aus Verdis „Troubadour“ und mit dem Konzertstück „Pomp and circumstance“ und dem Chorfinale „Land of hope and glory“ des Engländers Sir Edwar Elgar gar Anklänge an die alljährlichen Londoner „Last nigt of the proms“. Dazu durfte sich das Publikum freuen über hervorragend disponierte Solisten bei Webers „Durch die Wälder, durch die Auen“ und der Arie des Alfredo aus „La Traviata“ – welch eine Entwicklung hat Thomas Löffler in sechs Jahren genommen?! – und bei zwei berühmten Arien aus Bizets „Carmen“ – begeisternd interpretiert durch Cornelia Schüler.

Zum Schluss gab es tosenden Applaus, stehende Ovationen und „Bravo“-Rufe eines begeisternden Publikums – unter ihnen Altlandrat Karl Eyerkaufer, Bürgermeister Jürgen Michaelis und Ortsvorsteher Herbert Böhmer – und unvermeidliche Zugaben..